Niunka´s Schicksal

kleine Geschichten, die uns bewegen und ermutigen

Liebe Beate,
 
heute endet nun die unglaubliche Geschichte von Niunka.
 
Hund Niunka
 
Mit stolzen 16 Jahren mussten wir sie heute schweren Herzens gehen lassen, ihr Körper konnte nicht mehr, das Laufen fiel ihr schwer, aber ihr starker Wille und ihr Geist waren ungebrochen. Was haben wir alles mit ihr erlebt, 7 schöne Jahre, in denen sie immer zutraulicher wurde und uns vertraute.

Hund Niunkas

Im Rudel war sie bis zum Schluss die Chefin (und das hat sie genossen), kein Hund hätte gewagt, an ihr Futter zu gehen, welches sie genüsslich frass, wenn alle anderen schon fertig waren und keiner hat es gewagt, sich zu ihr aufs Sofa zu legen, das hätte sie nicht zugelassen. Niunka war ein ganz besonderer Hund und wir werden sie nie vergessen, ihren Stolz,ihren Dickkopf, ihre Schlauheit, ihren Freiheitsdrang und überhaupt ihre ganz spezielle eigene Art.
 
Ich werde sie sehr vermissen
Gisela
 
 Der TH Leiter von Belchatow, der damals die Geschichte von Niunka aufschrieb, sandte dies zu ihrem Tod:
 
Dies sind sehr traurige Nachrichten. Auf der anderen Seite, wenn man ihre Geschichte anschaut, muss man sagen,daß es die ganze Mühe wert war, so daß sie im Alter in einem wunderbaren zu Hause leben konnte, weil sie es verdient hatte.
Sie war ein einzigartiger Hund. Sie hat in der Historie unseres Tierheims einen besonderen Platz. Ihr Beispiel zeigt, daß  nichts unmöglich ist und jede Geschichte ein glückliches Ende haben kann. Dank an Euch, daß Ihr dieser Geschichte zu einem guten  Ende verholfen habt.
Bitte gebt ein riesiges DANKESCHÖN an Gisela und ihren Mann für alles, was sie für sie getan haben. Niunka  hätte es nicht besser treffen können.

Dank ihnen mit unserem ganzen Herzen und wir wünschen ihnen viel Gesundheit.
 
Umarmung
Mariusz
 

Oktober 2013
 
 
Niunka
 
Jede Geschichte hat einen Anfang und ein glückliches oder trauriges Ende... Es gibt wahre oder erfundene Geschichten. Diese ist anders - sie hat kein Ende. 
 
Eines Tages, auf einem heruntergekommenen Bauernhof, wurden 4 Welpen geboren. Die Welpenmutter war eine große halbwilde Hündin, die mit Hingabe und Treue  den Bauernhof bewachte. Besitzer des Hofes waren 2 alleinstehende Brüder, deren Hauptbeschäftigung war,   die ganze  Rente zu vertrinken. Der Bauernhof war total heruntergekommen und das einzige Tier dort war eben diese Hündin. Das Tier liebte seine  Besitzer über alles, egal, ob sie selten gefüttert oder nicht beachtet wurde; sie versuchte, ihre Besitzer überallhin zu
begleiten. Wenn die beiden betrunken schliefen, bewachte sie das Haus mit zerbrochenen
Fenstern. Zweimal im Jahr bekam sie Welpen, manchmal nahm jemand einen, was mit dem
Rest passierte, weiß niemand.  
.  
Aber zurück zur Geburt der 4 Welpen im Sommer 2004; im nahegelegenen Tierheim 
war ein neuer Verwalter, der den Dorfbewohnern anbot, ihre Hunde kostenlos gegen Toll-
wut zu impfen. Hiervon haben auch die 2 Brüder erfahren. 
Das Haus,  wo sie wohnten, lag etwas abseits vom Dorf, aber unweit lag eine Straße,  die die Dorfbewohner als Abkürzung nutzten. Die Hündin dachte sie muss ihr Anwesen 
bewachen und  attackierte die  vorbeigehenden Menschen, was zu Polizeibesuchen führte. 
Es gab nicht nur Strafzettel sondern der Tollwut-Impfnachweis wurde verlangt; diese Impfung ist Pflicht in Polen.  
Haus
Geburtsort von Niunka 
So erschien einer der Brüder mit der Hündin im Tierheim zur kostenlosen Imfpung. Es kam
raus,  dass er noch 4 Welpen hat, die er versprach, vorbeizubringen. Keiner glaubte ihm so recht,  deshalb waren alle sehr überrascht, als er am nächsten Tag mit einem fiependen Sack erschien. Nach dem Öffnen des Sacks kamen 4 zottige Schnäuzchen zum Vorschein. Nach langer   Überredung, konnte man den Mann überzeugen, 3 Welpen im Tierheim zu lassen, im Gegenzug dafür wurde der 4. Welpe geimpft, den  er unbedingt mitnehmen wollte. 
 
Und hier beginnt die Geschichte von Niunka.  Sie als einzige der 4 Geschwister kehrte auf den heruntergekommenen Bauernhof zu ihrer Mutter zurück. 
Von ihr hat sie gelernt wie man sich in der  Gegend bewegen soll, wie  man die Gefahren auf der Straße  umgehen kann,   wo  Mülltonen stehen, aus denen man sich in zur Not ernähren  
kann.
 
Niunka    entwickelte nie eine Beziehung zu den Menschen. Manchmal konnte man bei ihr Neugier und Bedürfnis, nah an den Menschen zu sein,  beobachten, aber das Misstrauen hat immer gewonnen. 
Sie hielt sich immer in der Nähe der Menschen, kam aber nie  näher als einen halben Meter zur ausgestreckten Hand der Leute, die sie mochte.  
Eine Ladenbesitzerin aus dem Dorf gehörte zu den  wenigen Personen, die ein wenig ihr Vertrauen gewonnen hat.   Sie fütterte oft die beiden Hunde, die ihre Herrchen zum Einkaufen begleiteten. Jedoch starben in kurzer Zeit nacheinander die beiden Brüder.Dann starb auch Niunkas Mutter; sie verließ   den Bauernhof  und lebte  in einem  verlassenen Stall,  näher  am Laden. 
Haus
 Der Stall, in dem Niunka lebte 
 
Außer, dass sie jetzt mehr Zeit in der Nähe des Ladens verbrachte, änderte sich in ihrem Leben kaum etwas.  
5
der jetzt geschlossene Laden, wo Niunka Futter bekam 
 
Alle Dorfbewohner  kannten die Hündin und  wollten, dass  sie ihr restliches Leben verbringen kann, wie bisher. Das Tierheim hat verstanden, dass sie kein anderes Leben als die Freiheit kennt.     Ein anderes Argument, sie dort zu belassen, war, dass so ein Streuner kaum Chancen auf eine Adoption hat. Ein Tierheim ist ein Ort wo verlorene pelzige Kreaturen ein Dach über de  Kopf bekommen ,  tierärztliche Hilfe, Futter und manchmal eine kurze Streicheleinheit eines  Tierpflegers, aber Arbeit mit so einem Hund wie Niunka erfordert mindestens mehr-monatige Arbeit mit einem Spezialisten, dafür jedoch hat ein armes Tierheim kein Geld. 
    
Probleme begannen, als die selbständige Hündin regelmäßig 2x im   Jahr Welpen bekam. 
In dieser Zeit fing sie an, unruhig und aggressiv zu werden. Sie begann, die Radfahrer und vorbeigehende Menschen anzugreifen, da die Straße unglücklicherweise zwischen 
dem Laden und ihrem Versteck in der verlassenen Scheune verlief. Nachdem die Dorfbewohner das Tierheim über die Welpen informierten, begann die Suche nach dem 
Lager,  weil sie immer den Geburtsplatz wechselte, nachdem man ihr das erste Mal die mehrwöchigen Welpen wegnahm. Die Tierpfleger haben immer diese Plätze gefunden, aber 
die Welpen haben sie immer erst genommen, nachdem sie überzeugt waren, dass sie ohne Mutter überleben konnten. Es gab auch Momente, in denen die kluge Hündin  die Anwe-senheit der Menschen spürte und ihre Welpen an einem anderen Ort versteckte. 
 
Leider ist nichts im Leben von Dauer und schließlich fand sich jemand, den die Hündin störte. Er meldete bei der Gemeinde einen Hund, der immer öfter Menschen attackierte und
gefährlich sei. Jetzt bekam das TH den Befehl, den Hund zu fangen. 
 
Um den Hund nicht zu verletzen, hat man die Ladenbesitzerin gebeten, eine Futterschale in einem umzäunten Garten neben dem Laden hinzustellen.  Die Aktion gelang 100 %-ig, sie 
wurde vom TH abgeholt und auf die Quarantänestation gebracht.  Nach einem Monat der Quarantäne wurde die Hündin geimpft und wartete in ihrem Zwinger auf ihre Kastration. 
Es schien so, als würde sie die nächsten Monate, oder vielleicht Jahre in diesem Zwinger verbringen.
      
Aber nicht im Falle unserer Heldin, wenn sie ein Mensch wäre, könnte man sagen sie hat ihr Schicksal in ihre Hände genommen, so war es. Gegen Abend, nach dem Füttern, als sich 
im Tierheim nur zwei Tierpfleger befanden, öffnete sie die Zwingertür und  flüchtete. Der starke Drang nach Freiheit und ihre angeborene Klugheit haben ihr dabei geholfen. 
Durch dieses Ereignis begann die Geschichte von Niunka von vorne. Ihre Intelligenz riet ihr, besser bei den Menschen nicht aufzufallen und  da das Tierheim wusste, dass der Hund geimpft war, beeilte macn sich auch nicht mit einer Suchaktion nach dem Flüchtling.
 
 Leider nahm die Situation  für unser Geschöpf einen ungünstigen Lauf der Dinge:
Erstens schloss die Frau,  die sie gefüttert hatte,  ihr Geschäft, so dass die Hündin immer größere Probleme hatte, an  Futter zu gelangen, sie wurde immer öfters in der Stadt, in der Nähe der Müllcontainer, gesehen. 
Zweitens war Niunka ja vor ihrer Kastration geflüchtet, und  so bekam sie wieder Welpen. 
dadurch wurde wieder ihr Beschützerinstinkt geweckt und sie jagte alle weg, wenn sie spürte, dass ihr Nachwuchs in Gefahr war. Ein besonderes  Ziel für sie, keiner weiß warum, waren die Radfahrer. Zu ihrem Unglück biss sie  eines Tages ein vorbeifahrendes kleines Mädchen. In diesem Moment wurde es ersnst:  Die Aufsichtsbehörde und Polizei wurden auf die Hündin aufmerksam.  Man befahl dem Tierheim, die Hündin einzufangen und wegen des Verdachts auf Tollwut zu beobachten.  Leider war die im TH gesetzte Impfung nicht mehr gültig.  Das Mädchen hatte vorsorglich spezielle Impfung bekommen für den Fall, dass das Tier krank war.     
Die verzweifelten Eltern, was   man in so einer Situation verstehen kann, haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass das Tier gefangen wird und keine Bedrohung mehr darstellt. Sogar die Staatsanwaltschaft, die sich in der Regel mit solchen Sachen nicht beschäftig, hat an das Tierheim geschrieben, man möge  die Hündin schnellstmöglich  einfangen. So wurde Niunka zum Stadtfeind Nummer 1.   
 
Durch diese Ereignisse wurde das Tierheim gezwungen, konkrete Schritte zum Einfangen  der Hündin zu unternehmen. Es stellte sich heraus, daß sie aus der ersten Fankaktion gelernt hatte und seitdem nie auf ein umzäuntes Gelände ging,   aus dem es nicht mindestens mehrere Fluchtwege gab. Die Gegend wo Niunka lebte, war früheres Ackerland,  heute bewachsen mit Sträuchern,   jungen Bäumen und hohem Gras . In diesem Gebiet gab es auch sumpfige Wiesen, ungenutzte Wirtschaftsgebäude, Scheunen, einige Hausruinen. Das Gelände einer nahgelegenen Kläranlage war zwar umzäunt, aber dort befanden sich mehrere Abfluss-unterführungen, durch die ein Hund durchschlüpfen konnte – eine ideale Gegend für jemand,
der sich verstecken will. Dazu ihre Intelliganz und Raffinesse… 
   
Erste Versuche, ein Schlafmittel mit dem Futter zu geben, scheiterten, da sie nicht mal Interesse für das Essen zeigte. Es hat sich herausgestellt, dass es immer noch Leute  
gab, die sie reichlich fütterten, so dass sie kein anderes Essen mehr brauchte. Erst nach dem die Polizei den  Dorfbewohner drohte, dass wenn jemand  die Hündin weiter mit  Futter versorgt,er  automatisch zum Herrchen mit allen Konsequenzen wird, erlosch der Eifer bei den Leuten, die eigentlich gegen diese Fangaktion waren.     
  
Viel hat es nicht gebracht -  als die Tierpfleger leere Schüssel fanden und daneben ausgespuckte Tabletten. Auch der nächste Versuch, die Tabletten in Wurstscheiben zu verstecken ergab das gleiche Resultat. Man versuchte, Schlafmittel aufzulösen und mit dem
Futter zu vermischen – trotz Hunger rührte Niunka es nicht an, weil wohl Geruch/Geschmack
verändert waren.    
Die Zeit verstrich und Niunka befand sich immer noch in  Freiheit. Die letzte Möglichkeit, die es noch gab, war  ein Betäubungsgewehr. Nach mehreren Versuchen, gelang es,  sie zu treffen. Aber auch diese Lösung hatte eine Schwachstelle, die Betäubung wirkt erst nach 2 Minuten, so dass ein erschrockenes Tier in der Lage ist,  in dieser Zeit sogar bis zu 2 km  wegzurennen. In unserer Gegend  flüchteteNiunka sofort Richtung hohes Gras, Sträucher und Bäume, nach 200 m  verschwand sie  aus den Augen der Leute. Trotz  zweistündiger Suche, gelang es nicht, sie zu finden.         
Höchstwahrscheinlich sind die Pfleger  wenige Meter entfernt an  dem betäubten Hund  vorbei gegangen, aber in dieser Gegend konnte man sie nicht finden. 
Noch mehr – Niunka konnte jetzt das Tierheimauto erkennen, sobald sie es sah, verschwand sie in Eile. Sie legte sich so zum Schlafen, dass sie alles überblicken konnte und es gelang  nicht, sich ihr zu nähern. Oft hatte sie sich dafür ein Gebüsch ausgesucht,  was sie vor  
dem Betäubungspfeil schützte.   Die zahlreichen Fallen und Fangaktionen  blieben ohne Erfolg und als man es dann doch endlich geschafft hatte, die  Hündin mit dem Pfeil zu treffen, rief man 6 Suchleute und 2 Geländewagen zusammen, um die Gegend nach ihr abzusuchen.  
Das Ergebnis der vierstündigen Suche ergab mehrere Pfoten-Abdrücke und mehrere Liter Benzin verbrauchtes Benzin.
   
Mittlerweile ging der Sommer  zu Ende, der Herbst kam und mit ihm der erste Frost, das Tierheim hat  mit der Suche nachgelassen.
Erstens wollte man, dass die Hündin sich etwas beruhigt und vielleicht würde sie sich einen festen Schlafplatz suchen, wo sie dann  besser einzufangen  wäre.   Zweitens verloren die
Bäume die Blätter, so daß man besser sehen konnte und im Schnee ihre Spuren auch gut
verfolgen konnte. 
    
 
Den ganzen Winter über hat man Niunka nur wenige Male neben dem Geschäft gesehen,
wo sie früher gefüttert wurde. 
 
Den Durchbruch in der Geschichte brachte der Sommer. Jeder Mensch und auch ein Tier hat einen schwachen Punkt. Der Punkt ist für alle Geschöpfe die Liebe und eine bedingungslose Hingabe einer Mutter zum Kind. Das Tierheim bekam eines Tages im Juli 2012 einen Anruf,  dass Niunka an einer Garage auf einem verlassenen Grundstück gesehen wurde. 
 
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 Garage, in der Niunka ihre Welpen bekam
 
Die  Pfleger, überzeugt, dass die Hündin dort ihre Welpen versteckt hatte, nahmen diskret alles in Augenschein und gut vorbereitet  traten  sie  in Aktion. Alle Löcher, durch die unsere Hündin in die Garage gelangen konnte,  wurden mit Holzlatten verdeckt. Um sich besser zu Orientieren, was Drinnen geschieht, wurde ein Teil des Dachs demontiert, da man die Tür   nicht öffnen konnte. Das wäre ein zu großes Risiko, dass die  schlaue Hündin weg-
läuft.  
Die ganze Garage war voller Gerümpel und Dunkel, erst  mehrere Taschenlampen erlaubten, die Situation zu überblicken. Als   Niunka die Menschen bemerkte, versuchte sie, unter die verschiedenen Möbel zu kriechen, was das Treffen  mit dem Pfeil  verhinderte. Erst nachdem man die vordere Tür der Garage von  oben etwas eingebogen hatte, konnte man ihr Hinterteil sehen und schießen. 
Nachdem sie getroffen wurde, versuchte sie im ersten Moment mit voller Kraft durch die verdeckte Öffnung rauszukommen. Fast wäre sie wieder entwischt. Die zusätzliche An-strengung hatte bewirkt, dass die Betäubung schneller  wirkte. Gleich nachdem die vom Kampf um die Freiheit erschöpfte Hündin  eingeschlafen war, wurde sie ins Tierheim gebracht.    Dort wurde sie in kürzester Zeit kastriert und geimpft sowie  von zahlreichen Zecken und Flöhen befreit. Und so ist dieser meistgesuchte Flüchtling nun der bestbewachte Tierheimbewohner.  
Man hat Schlüsse aus dem ersten  Ausbruch gezogen und sie in einem mit Maschendraht gutgesicherten Zwinger untergebracht, den kein Geschöpf  öffnen kann, das keine greifbaren Extremitäten besitzt.                   
 
In diesem Moment begann die Debatte wie es weitergeht mit dem für die Einen 
aggressiven und unberechenbaren Hund, und für die  Anderen  mit dem übermütigen, 
freiheitliebenden Streuner. 
Erstere wollten die Hündin einschläfern lassen, sie sei wild und gefährlich für die Menschen, 
hat ein Kind gebissen und andere Menschen angegriffen. 
Die andere Gruppe war strikt dagegen und wollte, dass der Hund befreit wird, aber keiner wollte die Verantwortung auf sich nehmen und sie adoptieren. 
Zum  Glück sind die Tierheimmitarbeiter tierliebenden und vernünftige Menschen, die sich 
durch die Gefühle nicht hinreißen ließen. Keine der beiden Lösungen war  gut. 
Jemand, der sich mit Tieren auskennt, weiß, dass die Beweggründe für die Handlungen der Hündin nicht durch angeborene und nicht reversible Aggression  entstanden sind, so dass es keine Gründe für eine Einschläferung gäbe. 
 
Die zweite Lösung wäre auch nicht richtig, da das Tier früher oder später Menschen angreifen könnte, es gäbe auch keine Möglichkeit einer weiteren Impfung, was noch eine zusätzliche Gefahr wäre. 
Außerdem eine weitere Sorge wäre die Tatsache, dass Niunka nicht mehr die Jüngste ist und 
der Lebensabend in der Freiheit für sie nicht einfach wäre - immer größere Gesundheits-probleme und Futterbeschaffung hätten ihr Leben nicht gerade zum Besseren gewendet. 
 
Dritte Lösung, den Hund, der über alles die Freiheit liebt und diese über 8 Jahre genoss, in einem Tierheim, eingeschlossen in einem kleinen Zwinger mit grauen, traurigen  Wänden für immer einzusperren, ist schlimmer als der Tod zur Lebzeiten. 
Eine warme Decke, tierärztliche Versorgung und voller Futternapf sind nicht Alles. 
Wenn man in die traurigen, großen und  klugen Augen schaut, wir die Mitarbeiter
des kleinen Tierheims, fühlen wir einen großen Respekt für das unglaubliche Geschöpf, deshalb haben wir beschlossen die Geschichte von Niunka zu erzählen, sie aufzuschreiben. 
Diese Geschichte soll in die Welt hinausgehen. 
 
Uns ist bewusst, dass es -  im Gegensatz zu unseren anderen Schützlingen – an ein Wunder
grenzt, für sie ein Zuhause zu finden, in dem sie lernt, den Menschen zu vertrauen, ein Ort, wo sie ihren Lebensabend  frei und glücklich  verbringen kann.
Deshalb geben wir in Ihre Hände, das Ende dieser Geschichte zu schreiben......
Unser sehnlichster Wünsch wäre, wenn das  nur ausschließlich ein gutes Ende wäre.     
Hund Niunkas
 

 
Niunkas Geschichte nach dem Tierheim
 
27.07.
Heute soll Niunka kommen. Eine liebe Tierfreundin, die Niunka  immer Leckerlis ins Tierheim mitgeschickt hatte, wird sie zu uns  bringen. Wir warten mit etwas gemischten Gefühlen - wird alles gut gehen,  was kommt wohl auf uns zu? Ein Raum ist vorbereitet, aus dem es erstmal kein Entkommen gibt und in dem sie zur Ruhe kommen kann.  Gegen 20 Uhr kommt Niunka, wir tragen sie mit der Box in den vorbereiteten Raum, öffnen die Tür und warten ab. Niunka geht sofort in das Körbchen mit einer dicken Decke und läßt sich streicheln, ist aber sehr vorsichtig. Sie hat etwas gefressen und nun lassen wir sie in Ruhe schlafen.
 
28.07.
Niunka hat weder ein Halsband noch eine Leine. In Polen nahm sie zwar Leckerlis, aber man bekam dort kein Halsband befestigt. Trotzdem lassen  wir sie, naiv wie wir sind, mit einer Hündin in den Garten; wir wollten nach und nach die anderen Hunde dazulassen; haben wir ja immer so gemacht bei einem neuen Hund. Aber Niunka ist anders, sobald sich die Hündin ihr näherte, zeigte sie ihre Zähne und wir wagten erstmal nicht, die anderen Hunde dazuzuholen. Sie anzufassen war im Garten unmöglich, und nach einer Weile haben wir es geschafft, sie in einen "sicheren" Zwischenraum zu lenken, der mit Maschendraht vom Garten getrennt ist.
Es dauerte eine halbe Stunde, da hatte sie den Maschendraht auseinandergenommen, lief wieder im Garten herum und der Zwischenraum ist nicht mehr ausbruchsicher.  Wir hatten keine Chance mehr, an sie heranzukommen oder sie in ihren Raum zu bringen. Inzwischen war es Abend,  Niunka lief immer noch im Garten herum und schien das sehr zu genießen. Zwei Freundinnen, die wir um Hilfe baten,  haben sie nun überlistet und um ca. 19 Uhr war Niunka wieder in ihrem Raum. Sie war völlig fertig (wir auch) und schlief schnell in ihr Kissen gekuschelt ein. Es ist uns klar, nun muss irgendetwas passieren, so geht es nicht.
 
29.07. 
Wir rufen unseren Tierarzt an, der noch mit all unseren  ängstlichen Hunden klargekommen ist;  er soll Niunka in Narkose ein Halsband anlegen und eine Leine.
 
30.07.
Der Tierarzt war heute da. Er hat es geschafft, Niunka eine Narkosespritze zu geben. Sie trägt nun ein schickes Lederhalsband und eine Kettenleine. Da sie schon mal in Narkose war, wurde sie sofort untersucht, alles ist in Ordnung, super Zähne und auch sonst scheint sie gesund zu sein.
 
Nun hat sie zwar Halsband und Leine, sitzt aber in ihrem Raum und wir können sie nicht im Garten laufen lassen, weil sie in kürzester Zeit den Zaun auseinandernehmen würde  und dann ist sie wohl für immer weg.
Also was tun? Wir riefen einen Bekannten an, der unseren Balkon schon katzensicher gemacht hatte. Er kam und sagte sofort nur:  Stahlmatten würden helfen, wir bauen ihr im Garten einen großen Auslauf und sie kann erstmal von dort alles ansehen und sich in Ruhe eingewöhnen.
 
31.07. 
Heute wurde schon das Material für den Auslauf geliefert.
 
01.08. 
Die Bauarbeiten haben begonnen.
 
02.08.
Der Zaun ist soweit fertig, dass Niunka ihren Auslauf von ca. 50 qm schon mal provisorisch beziehen kann. Sie ist inzwischen so weit, dass sie uns Leckerli aus der Hand nimmt und sich über den Kopf streicheln lässt. Nun kommt der große Augenblick. Wir machten noch eine zweite Leine an die Kettenleine und los ging es. Niunka versuchte alles, um sich aus dieser Situation zu befreien. Dank unserem Tierarzt hielt das Halsband, und die Kettenleine konnte sie nicht zerbeißen, obwohl  Niunka sich alle Mühe gab. Als es dunkel wurde,  musste sie wieder in ihren sicheren Raum und die gleiche Prozedur begann. Sie war so geschafft, dass sie die Nacht  gut schlief.
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03.08. 
Heute wurden die restlichen Arbeiten gemacht. Für Niunka arbeiteten unsere Leute sogar samstags. Alles ist so gut gesichert, dass kein Ausbruch möglich ist. Meinen wir, aber es kommt anders!!!!
 
04.08. 
Der Sonntag war ruhig, wir bekamen Niunka relativ schnell in den Auslauf und haben uns alle den ganzen Tag draußen aufgehalten. Abends ging es wieder in ihren Raum und alles war gut.
 
05.08. 
Niunka genießt ihren Auslauf, ist aber sehr ruhig und bewegt sich kaum.
 
06.08. 
Wir haben an einer Seite unseren alten Zaun stehenlassen und nur den unteren Teil mit Stahlmatten gesichert. Eine halbe Stunde, die wir im Haus waren, reichte für Niunka aus, um auch diesen Maschendraht  auseinanderzunehmen. Wir konnten gerade noch eine Flucht verhindern.
 
Dieser Hund hat eine Kraft und eine Intelligenz, das ist nicht zu glauben. Man hat immer das Gefühl, sie plant alles sehr genau und überlegt,  wie sie flüchten kann. Man sagt ja, Hunde können nicht denken, bei Niunka bin ich mir da nicht so sicher.
 
Aber was nun? Also wieder Stahlmatten, Holz und die Arbeiter bestellt - sie können erst am Freitag kommen. Da wir Niunka nicht nochmal tagelang in den Raum einsperren wollten, haben wir uns drei Tage nur draußen aufgehalten und sie jede Minute bewacht. Solange jemand im Garten ist, macht sie nichts. Dass sie sehr schlau ist, ist nun unser Glück. Sie hat schnell begriffen, dass sie keine Chance hat, uns an der Leine zu entwischen und so geht sie schon fast normal an der Leine.
 
08.08. 
Niunka macht riesige Fortschritte. Wir können sie an die Leine nehmen, sie läuft schon ein Stück durch den Garten und war heute das erste Mal im Haus. Mit den anderen Hunden haben wir sie allerdings noch nicht zusammengelassen, das kommt noch.
 
09.08. 
Der Zaun ist fertig. Der Auslauf ist nun komplett mit Stahlmatten versehen und in der Erde sind Stahlmatten, also wegbuddeln geht auch nicht mehr. Nun hoffen wir, dass Niunka kein Ausbruch mehr gelingt!! Sicher sind wir nicht.
 
16.08. 
Die Woche war ruhig, Niunka  wird immer zutraulicher.
 
20.08. 
Niunka ist nun drei Wochen bei uns. Sie ist eine ganz ganz liebe Maus, die langsam Vertrauen zu uns aufbaut. Sie nimmt Futter aus der Hand, lässt sich streicheln und sucht immer mehr die Nähe des Menschen. Morgens kommt sie in ihren Auslauf, kann alles sehen und fängt langsam wieder an, Hund zu werden: wenn es ihr zu warm wird, buddelt sie sich unter dem Buchsbaum ein Loch, ansonsten genießt sie ihre "Terrasse".
 
Wenn es regnet,  kommt sie schwanzwedelnd zum Tor gelaufen. Sie weiß, nun geht es ins trockene Büro. Dort hole ich sie auch abends hin, wenn es dunkel wird. Sie kommt dann ange-laufen, springt ein wenig herum und freut sich. Gegen 23 Uhr muss sie in ihren Raum, der ist sicher und so sehr trauen wir der Sache nun doch noch nicht. Sie bekommt dort ihr Futter, noch ein Stück Fleischwurst, dann geht das Licht aus und es wird geschlafen.  Der Rhytmus tut ihr wohl gut, sie wird immer ruhiger und entspannter, ist überhaupt nicht aggressiv, einfach ein toller Hund, der noch etwas Zeit braucht.
 
21.08. 
Heute haben wir sie im Garten an der langen Leine mit zwei Hunden zusammengelassen. Ohne Leine geht leider nicht, da würde sie wahrscheinlich den Zaun nach und nach auseinan-dernehmen (der Rest Garten ist mit Maschendraht eingezäunt). Mit dem Cockerrüden hat sie sich beschnuppert, sehr vorsichtig, beide haben freundlich mit dem Schwanz gewedelt. Die Galgo-hündin hat sich hinter uns versteckt und Niunka zeigt überhaupt keine Anzeichen, dass sie irgendwelchen Streß machen will.
 
Unser Ziel ist, dass Niunka in einiger Zeit mit den anderen Hunden ins Haus läuft und auch im Wohnzimmer sitzt. Das wäre dann das gute Ende der Geschichte.
 
Wie begann im letzten Jahr noch der Bericht des Tierheimleiters von Belchatow:
„Jede Geschichte hat einen Anfang, Moral und ein glückliches oder trauriges Ende... Es gibt wahre oder erfundene Geschichten. Diese ist anders - sie hat kein Ende."
Alles begann ganz normal, keiner ahnte, dass es problematisch wird, ein Ende zu schreiben.
 
3.9.2013:
Hallo Frau Du Beau,
 
Niunka geht es gut, wir wollten nur berichten, dass sie sich an- und ableinen lässt und nun ohne Leine im Auslauf und im Büro laufen kann.
Das ist schon eine deutliche Verbesserung für sie. Der nächste Schritt ist die Zusammenführung mit einigen Hunden, aber alles der Reihe nach. In den nächsten Tagen schicke ich mal wieder ein Foto.
Bis dahin viele liebe Grüße
Gisela und Niunka